Unterwegs auf der Wasserburger Straße

Warum ist Radeln hier nicht attraktiv?

Unterwegs auf der Wasserburger StraßeDie Wasserburger Straße mit dem Fahrrad – das ist eine der übelsten Strecken, die es in Stephanskirchen gibt. Wie unter einem Brennglas kann man hier viele Probleme beobachten, die das Radfahren unattraktiv machen.

Als Gemeindestraße sollte die Wasserburger Straße in erster Linie dazu dienen, dass Anwohner aus den nördlich gelegenen Ortsteilen (Lack, Grasweg, Leonhardspfunzen, Haiden, Kreut, Graben, Höhensteig, Entleiten und Schloßberg) auf direktem Weg die Schloßberger Ortsmitte und die Stadt Rosenheim erreichen können. Morgens kann man beobachten, wie viele Schulkinder von dort mit dem Rad in die Schule fahren. Eltern bringen ihre Kinder im Radlanhänger zur KiTa. Radpendler und-pendlerinnen radeln in die Stadt und zum Bahnhof. Aber leider war es das nicht: Ganz klar dominiert das Auto. Es sind nicht in erster Linie Ortspendler unterwegs. Eilige Durchpendler bringen ihren Stress mitten ins Wohngebiet, statt über die Umgehungsstraße nach Rosenheim zu fahren. Leider sind sich viele nicht bewusst, dass sie bei uns in der Gemeinde zu Gast sind. Rücksicht? Allzu oft Fehlanzeige.

Eine Alltagsfahrt am Morgen

Radeln Sie doch einmal mit mir zusammen früh um Viertel nach sieben die 2,5 Kilometer von der nördlichen Gemeindegrenze bis zum Schloßberg. Für diese fiktive Fahrt habe ich echte Rückmeldungen von Stephanskirchener Radlern und Radlerinnen gesammelt und aufbereitet.

Von Lack bis Graben können wir uns über einen ordentlichen Radweg freuen, auch wenn die Einmündung der Leonhardspfunzener Straße verkehrsplanerisch etwas merkwürdig gestaltet ist. Ansonsten geht es kreuzungsfrei und auf glattem Belag bis zur Abzweigung bei Graben. Hier beginnt der Überlebenskampf, denn ab jetzt müssen wir auf der Wasserburger Straße fahren. Und diese ist nicht darauf ausgerichtet, attraktiv für den Radverkehr zu sein.

Von Graben bis Althöhensteig: Hier sind (warum auch immer) 100 km/h erlaubt! Und schnell gefahren wird leider tatsächlich viel. Gerade hören wir schon wieder ein Auto von hinten herankommen. Gleichzeitig kommt ein Auto entgegen, wir können also nicht überholt werden. Leider fährt das Auto von hinten sehr dicht auf, vielleicht drei Meter Abstand bleiben. Unangenehm, eineinhalb Tonnen Blech so nah im Genick zu haben! Jetzt darf er/sie „endlich“ vorbei. Kurz darauf kommt schon das nächste Auto. Selbst wenn der vorgeschriebene Überholabstand von 2,00 Metern knapp eingehalten wird, ist es kein angenehmes Gefühl, als es auf der recht schmalen Straße „nur“ mit geschätzten 70 an uns vorbeirauscht.

Vom Ortsschild bis zur Matthias-Kerer-Straße/Am Feldsteig ist die Strecke kurvig und unübersichtlich, zusätzlich kommen an zwei Stellen wechselseitige Einengungen zum Einsatz, die wir umfahren müssen. Davor müssen wir natürlich über die Schulter schauen, denn hier sind (warum auch immer) 50 km/h erlaubt. Schon werden wir gefährlich überholt, kurz vor einer Fahrbahnverengung, obwohl Gegenverkehr kommt. Dann bremst das Auto scharf herunter und zwingt uns ebenfalls zum Anhalten. Der nächste Überholvorgang folgt kurz darauf in einer Kurve – Ob etwas entgegenkommt, kann der/die Fahrerin nicht sehen, deshalb hält er/sie so wenig Abstand, dass ich den rechten Außenspiegel einfach mit ausgestreckter Hand berühren könnte. Das war knapp!

Beide Autos holen wir nur wenig später wieder ein, weil sie im Stau stehen. Das hätte den Fahrern und Fahrerinnen bei vorausschauender und entspannter Fahrweise klar sein können. Dort treffen wir dann auch die Überholer von vorhin wieder. Wieso viele Autofahrende zwanghaft Fahrräder überholen müssen, ohne auf die weitere Verkehrssituation zu achten, wird sich mir wohl nie erschließen. Man könnte auch entspannt ein Stück hinterherfahren und gemeinsam einen guten Tagesstart haben. Innerorts ist das Fahrrad ohnehin das schnellste Verkehrsmittel!

Ab dem Beginn der 30er-Beschränkung ist die Straße beidseitig von parkenden Autos zugestellt, und auch hier gibt es wieder eine wechselseitige Einengung. Der Autoverkehr staut sich, es gibt Gedrängel mit dem Gegenverkehr und es bleibt kein Raum mehr für uns Radelnde übrig. Was tun? Mit im Stau stehenbleiben und Abgase inhalieren? Das würde wohl niemand tun. Verbotswidrig auf den Gehweg ausweichen? Problematisch für die Fußgänger. Links am Stau vorbei, wie es die Motorradler machen? Nur etwas für die Furchtlosen. Links abbiegen und einen Umweg fahren? Möglich, aber unpraktisch. Alles Lösungen, die das Radeln nicht attraktiv machen.

Für dieses Mal entscheiden wir uns, über die Goethe- und Hoffeldstraße zum Rathaus auszuweichen und fädeln uns dort wieder in den Radweg Richtung Rosenheim ein. Und mit zwei gefährlichen und zwei unangenehmen Situationen war das noch nicht einmal ein richtig schlechter Radltag.

Es ist Zeit für die Mobilitätswende!

Ich freue mich schon, wenn wir im kommenden Jahr mit der Arbeit an einem Radverkehrskonzept beginnen können. Es gibt viel zu tun, wenn wir das Fahrrad als echte Alternative fördern wollen.